Psyche und Alkohol

Im vom Sozialdienst der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie (PP) der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (UPD) AG organisierten öffentlichen Vortrag «Psyche und Alkohol» am 6. September in der UniS referierte Chefpsychologe und Experte für Suchterkrankungen, Prof. Dr. phil. Franz Moggi, über das Thema. Unter anderem sprach er darüber, was notwendig ist, um eine Alkoholkonsumstörung therapieren zu können. Für manche im Saal war es neu und erstaunlich, dass dabei nicht immer eine Abstinenz das Ziel sein muss, was als «kontrollierter Konsum» bezeichnet wird.

Prof. Dr. phil. Franz Moggi
Prof. Dr. phil. Franz Moggi

Auf dem Foto: Franz Moggi

Alkohol ist allgegenwärtig
Prof. Franz Moggi begann seinen Vortrag, indem er die Alkoholproblematik in der Schweiz anhand diverser Zahlen skizzierte. Dabei erfuhr man, dass acht von zehn Personen Alkohol trinken, davon 11% täglich. Jährlich sterben ca. 1'600 Menschen im Zusammenhang mit Alkohol, was etwas mehr als 4 % aller Todesfälle sind. Dass die Gesundheitskosten dadurch belastet werden, zeigt die Zahl von jährlich CHF 477 Mio. Männer sind doppelt so häufig betroffen als Frauen, und ein erstaunlich grosser Teil der Alkohol konsumierenden Personen trinkt ab dem Pensionsalter täglich. Ein ermutigender Befund zeigt, dass sich der tägliche Alkoholkonsum seit 1992 praktisch halbiert hat, durchschnittlich von 20 % auf 11%, bei Männern von 30 % auf 15 % bei den Frauen.

Was sind Standarddrinks und wie viel darf man mit geringerem Risiko trinken?
Ein Standarddrink ist laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) 10-12 g Alkohol. Das entspricht wahlweise 1 dl Wein, 3 dl Bier, 1 Alkopop oder 2 cl hochprozentigem Alkohol. Davon sollten Männer pro Tag höchstens bis zu vier Getränke zu sich nehmen, Frauen maximal zwei, um noch im tiefen Risikobereich zu liegen. Das sogenannte Rauschtrinken (>4 resp. 5 Drinks pro Trinkgelegenheit) tritt in jüngeren Jahren deutlich häufiger auf als später.

Alkohol verändert das Gehirn
Zu Beginn wirkt Alkohol belohnend, man wird offener, geselliger, die Verhaltenskontrolle nimmt ab. Diese Effekte sind anfangs erwünscht und werden positiv wahrgenommen. Doch je mehr, je länger und je häufiger man trinkt, desto mehr verändert sich das Gehirn. Man erfährt negative Affektzustände (depressive Gefühle, Ängste) und Abhängigkeitssymptome bis hin zu negativen beruflichen und sozialen Folgen. Die Kontrolle auf das Verhalten wird immer schwächer. In diesem Stadium trinkt man, um die negativen Gefühle zu vermeiden. Und man muss immer mehr trinken, um diesen Effekt noch zu erzielen.

Eigene Forschung
Das Gehirn soll wieder umlernen, die Verhaltenskontrolle soll wieder gestärkt werden. Das Forscherteam um PD Dr. Maria Stein, Prof. Dr. phil. Leila Soravia und Prof. Dr. phil. Franz Moggi lassen die Patient*innen Bilder von Getränken zusammen mit einem Buchstaben sehen. Immer, wenn «p» erscheint, dann sollen sie rasch einen Knopf drücken. Wenn «f» erscheint, dann dürfen sie nicht drücken, müssen also ihren Impuls unterdrücken. Die Bilder zeigen entweder alkoholische Getränke oder solche ohne Alkohol. Die Bedingung, dass z.B. ein Bier mit «f» gezeigt wird, ist die schwierigste für Menschen mit einer Alkoholkonsumstörung. Dieses Inhibitionstraining wird in mehreren Sitzungen zwei Wochen lang durchgeführt. Wer dieses Training durchlaufen hatte, hatte nach drei Monaten nach der stationären Therapie signifikant mehr abstinente Tage als andere Therapiegruppen ohne dieses spezielle Training.

Fazit: Bewusstes und unbewusstes Lernen in der Therapie
Durch die Motivierende Gesprächsführung kann die Motivation zur Veränderung aufgebaut werden. Dank kognitiver Verhaltenstherapie können Rückfälle verhindert oder verringert werden. Soziale Unterstützung durch Familie und Selbsthilfegruppen helfen ebenfalls, den Alkoholkonsum gänzlich einzustellen oder zu reduzieren. Unbewusstes Lernen durch kognitive Trainings oder auch unterstützende Medikamente runden eine erfolgreiche Therapie ab.

Organisation des Anlasses: Kai Lüthi, Rahel Bernet, Daniela Kurattli, Nicole Frei, Sozialdienst PP
Text: Lic. phil. Daniela Krneta, Kommunikation PP