Wie wichtig die Sensibilisierung der Öffentlichkeit zum Thema psychische Gesundheit insbesondere in ressourcenarmen Ländern ist, weiss PD Dr. med. Monika Müller der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Sie engagiert sich seit mehreren Jahren mit dem Verein delta für eine Verbesserung der psychiatrischen Versorgung in ressourcenarmen Ländern. Anlässlich des Internationalen Tages der psychischen Gesundheit führten Betroffene in Südindien ein Theaterstück zum Thema Alkoholabhängigkeit auf.
Öffentlichkeitsarbeit in ressourcenarmen Ländern des Globalen Südens dringend nötig
Psychische Erkrankungen sind nicht einzig ein Problem des reichen Westens. Im Gegenteil, die internationale Forschung zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit eine schwere psychische Erkrankung zu entwickeln überall auf der Welt etwa gleich gross ist. Hinzu kommt die epidemiologische Transition: Dank einer sich verbessernden Gesundheitsversorgung in vielen Ländern des Globalen Südens steigt die Wichtigkeit von nichtübertragbaren Krankheiten, wovon psychische Erkrankungen einen grossen Anteil ausmachen. Gleichzeitig besteht in ressourcenarmen Ländern eine kaum vorstellbare Versorgungslücke. Zwischen 75% und 90% der Betroffenen erhalten keine fachgerechte Behandlung. Die Gründe hierfür sind mannigfaltig. Ein wichtiger Aspekt ist die Zurückhaltung der Lokalbevölkerung, psychiatrische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dies ist einerseits durch ein fehlendes Wissen über psychische Erkrankungen und deren Behandlungsmöglichkeiten und andererseits durch Stigmatisierung der Betroffenen und ihrer Familien erklärbar. Durch gut konzipierte Öffentlichkeitsarbeit kann diesen beiden Punkten Rechnung getragen werden. Deswegen werden alle delta-Projekte mit sog, «Awareness programs» flankiert.
«Awareness programs» sind ein integraler Bestandteil der delta-Projektarbeit
Der Verein delta ermöglicht fachgerechte psychiatrische Versorgung in ressourcenarmen Ländern und wurde von PD Dr. med. Monika Müller der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie gegründet. «Es reicht nicht, einfach ein neues Therapieangebot zu schaffen, wenn dieses aus Angst von der Grossfamilie oder dem Dorf ausgeschlossen zu werden, nicht genutzt wird. Die «Awareness programs» sind deswegen integraler Bestandteil unserer Arbeit. «Nur so erreichen wir die Betroffenen und deren Familien auch effizient», berichtet Monika Müller. Delta wählt zusammen mit den lokalen Projektpartnern je nach Zielgruppe ganz unterschiedliche Formate für diese «Awareness programs». Die Einbindung von Betroffenen und Angehörigen ist jedoch insbesondere zur Durchbrechung von Stigmatisierung essentiell.
Patiententheater zum Internationalen Tag der psychischen Gesundheit
Ein gelungenes Beispiel für die Einbindung von Betroffenen war das Patiententheater des Angebots «Nishkalanka». Delta hat «Nishkalanka» als neues Behandlungs- und Rehabilitationsprogramm für Männer mit problematischem Alkoholkonsum vor rund einem Jahr in Südindien eröffnet. Zum Internationalen Tag der psychischen Gesundheit am 10. Oktober führten ehemalige Patienten von «Nishkalanka» vor über 500 Frauen der umliegenden Dörfer sowie Vertreter*innen der Politik ein Theater auf. Darin wurde insbesondere thematisiert, dass Alkoholabhängigkeit nicht einfach eine moralische Unzulänglichkeit, sondern eine psychische Erkrankung ist, die eine fachgerechte Behandlung erfordert. Monika Müller ist überzeugt, dass je nach Zielgruppe die Öffentlichkeitsarbeit auch einen präventiven Charakter haben kann: «Da wir viele junge Erwachsene behandeln, planen wir nächstes Jahr ein «Awareness program» in der Oberstufenschule. Wir hoffen so, nicht nur Betroffene und ihre Angehörigen zu erreichen, sondern auch zu verhindern, dass junge Erwachsene einen problematischen Alkoholkonsum entwickeln.»
Text: PD Dr. Monika Müller, Leitende Ärztin, Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
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