Peer-Mitarbeiterin im Wohnverbund Kehrsatz

Susanna Weber «Unsere Nutzenden profitieren von einem grossen Angebot mit einer umfangreichen Betreuung und vielen Beschäftigungsmöglichkeiten.»

Susanna Weber
Susanna Weber

Auf dem Foto: Susanna Weber

Wer bist du, was arbeitest du bei der UPD?

Ich führe oft Gespräche mit den Nutzenden, in denen ich meine Erfahrung als Peer-Mitarbeiterin einbringe. Ich helfe den Nutzenden, Spannungen und Belastungen abzubauen. Indem sie lernen, Dinge zu finden, die ihnen guttun, können sie ihre Stimmung und ihr Wohlbefinden verbessern. Es ist mir wichtig, dass sie alternative Lösungen finden, anstatt auf Medikamente als erste Option zurückzugreifen. Kürzlich konnte ich eine Nutzende motivieren, einen Spaziergang zu machen, während dem sie meine Kamera benutzen durfte. Sie war hell begeistert. Mein Ziel ist es, die Nutzenden beim Wunsch nach selbstständigen Wohnen zu unterstützen.

Ich nenne es «Win Win Win»: Die Nutzenden profitieren von meiner Erfahrung als ehemalige Betroffene. Sie können mir Fragen stellen oder sich mit mir über ihre Themen austauschen und unterhalten. Gleichzeitig kann ich dem Team viele Inputs über psychische Erkrankungen liefern. Das grosse «Win» für mich ist die Gewissheit, Dinge die mir passiert sind so verarbeitet zu haben, dass mich die Themen im Alltag nicht mehr triggern.

Was gefällt dir an der Arbeit, was ist dir wichtig?

Menschen zu unterstützen und zu begleiten, gefällt mir am meisten. Ich erlebe eine hohe Wertschätzung im Team. Ich spreche mit meinen Kolleginnen und Kollegen oft über meine Vergangenheit, was sich oftmals gut zu den theoretischen Ansätzen aus dem Studium ergänzt. Die Nutzenden fühlen sich von mir verstanden, wenn sie erfahren, dass ich ebenfalls in der Klinik war. Sie sehen mich als eine Art Dolmetscherin.

Erlebtest du eine spezielle Situation oder ein einschneidendes Erlebnis während deiner Arbeit?

Ja, es gibt da ein Erlebnis, das werde ich wohl nie mehr vergessen. Ich ging mit einem Nutzenden, welchen ich noch nicht so gut kannte, spazieren. Optisch sah er aus wie ein Schlägertyp, weshalb ich mich auch nicht ganz so sicher fühlte. Nach anfänglichen Zweifeln war ich aber überzeugt, er tut mir nichts. Als wir bei zwei Pferden vorbeikamen, erzählte ich ihm, dass mich Pferde faszinieren. Er ging ruhig auf eins dieser Pferde zu und streichelte es ganz behutsam. Daraufhin legte das Pferd den Kopf auf seine Schulter. Es war ein unglaublich berührender Moment. Auf dem Rückweg meinte der Nutzende, er habe ein riesen Geschenk erhalten. Jetzt wurde mir bewusst, welch weicher und zerbrechlicher Kern in dieser harten Schale steckte.

Was machst du privat, wie und wo erholst du dich?

Als ich in der Klinik war, begann ich wieder zu fotografieren. Der Fokus auf die Details half mir, mein Kopfkino zu bändigen.

In meiner Freizeit gehe ich gerne Wandern. Ich geniesse die Natur und die Stille. Es hilft mir, herauszufinden, wer ich bin und Energie zu tanken. Ich mag Leute um mich, jedoch immer nur wenige auf einmal, so dass ich mich ihnen ganz und gar widmen kann. Bei zu vielen Personen fühle ich mich einsam und gehe unter in der Menge.

Wie trägt deine Arbeit zur Versorgung der Patientinnen und Patienten bei?

Unsere Arbeit lässt sich leider nur sehr schwer messen. Unser Ziel ist es, den Nutzenden einen Grund zu geben, am Morgen aufzustehen. Depressive Personen haben oft Schwierigkeiten, morgens aus dem Bett zu kommen. Der Kopf möchte aufstehen, aber der Körper will nicht. Ohne Tagesstruktur gibt es für zahlreiche Bewohnende kaum einen Anlass, das Bett zu verlassen. Wir versuchen die Basis zu schaffen, damit die Nutzenden freiwillig und gerne aufstehen.

Aus eigener Erfahrung weiss ich, wie wichtig es ist, Termine zu haben. Ohne Termine lebt man in den Tag, bleibt im Bett und zieht sich immer mehr zurück.

Bei uns haben Nutzende zahlreiche Möglichkeiten, um auch miteinander etwas zu unternehmen. Ich versuche stets, gleichgesinnte untereinander zu vernetzen.